- Schattenwirtschaft: Grundlagen
- Schattenwirtschaft: GrundlagenDer Begriff Schattenwirtschaft bezeichnet alle Tätigkeiten, die zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung beitragen, jedoch nicht in der offiziellen Wirtschaftsstatistik ausgewiesen werden. In erster Linie denkt man dabei an Schwarzarbeit; das sind Leistungen, die von Einzelpersonen oder Betrieben für andere unter Missachtung der gesetzlichen Melde- und Anzeigepflichten gegenüber Finanzamt und Sozialversicherungen erbracht werden, um Steuern oder Sozialabgaben zu sparen. Organisierte Schwarzarbeit stellt eine systematische Bereicherung auf Kosten der Solidargemeinschaft der Steuer- und Abgabenzahler dar. Zur Schattenwirtschaft gehören aber auch Tätigkeiten, von denen das Funktionieren einer Gesellschaft ganz wesentlich abhängt und die sehr positiv zu bewerten sind: Hausarbeit, unbezahlte ehrenamtliche Tätigkeiten oder etwa die unentgeltlichen Hilfen für Verwandte, Freunde und Nachbarn. Neben dem Begriff Schattenwirtschaft werden auch die Bezeichnungen Parallel- oder Sekundärwirtschaft verwendet.Arten der SchattenwirtschaftDie Schattenwirtschaft wird häufig untergliedert in die Selbstversorgungswirtschaft und die Untergrundwirtschaft. Die Selbstversorgungswirtschaft umfasst legale und im Regelfall steuerfreie Aktivitäten zur hauswirtschaftlichen und gemeinwirtschaftlichen Selbstversorgung: Selbsthilfegruppen, Selbstversorgung aus dem Garten, Nachbarschaftshilfe, freiwillige Sozialarbeit wie ehrenamtliche Mithilfe in der Sozialstation oder bei der freiwilligen Feuerwehr. Wirtschaftlicher Schaden entsteht dann, wenn vorgeschriebene Abgaben wie Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge nicht entrichtet werden, so im Fall von Schwarzarbeit und Schwarzhandel oder von strafbaren Handlungen wie Unterschlagung, Erpressung, illegalem Glücksspiel oder Zuhälterei; diese Aktivitäten zählen zur Untergrundwirtschaft. Mit Schwarzhandel wird jener Handel bezeichnet, für den es offizielle Märkte gibt, der aber auf »schwarzen«, also inoffiziellen Märkten stattfindet. In wirtschaftlich schlechteren Zeiten, etwa während oder nach einem Krieg, versucht der Staat häufig, die knappen Güter über die Ausgabe von Bezugsscheinen auf die Bevölkerung zu verteilen. Der Schwarzmarkt umgeht diese staatliche Bewirtschaftung. Dort werden die vom Staat rationierten Güter meist zu stark überhöhten Preisen oder im Tausch gegen andere Güter gehandelt. Auch im Alltag kann derjenige unangenehme Erfahrungen mit dem Schwarzmarkt machen, der am Abend eines großen Fußballspiels vor den Pforten des ausverkauften Stadions noch eine Eintrittskarte erstehen möchte.Messung der SchattenwirtschaftDas Ausmaß der Wertschöpfung der Schattenwirtschaft ist äußerst schwer abzuschätzen. Während der Umfang der legalen Schattenwirtschaft - z. B. die Wertschöpfung durch Eigenleistung beim Hausbau - durch Befragungen umrissen werden kann, ist die Erfassung des Umfangs der Schwarzarbeit weitaus schwieriger; sie wird, da hohe Bußstrafen drohen, geheimgehalten.Zur Erfassung des absoluten und relativen Umfangs der Schattenwirtschaft werden direkte und indirekte Messverfahren sowie modelltheoretische Ansätze verwendet. Direkte Messverfahren ermitteln im Rahmen von Befragungen den Zeitumfang bestimmter Nebentätigkeiten. Diese Zeitangaben werden mit einem Durchschnittslohn gewichtet und auf die Grundgesamtheit hochgerechnet. Allerdings dürfte der illegale Teil der Schattenwirtschaft aus Angst vor den drohenden Bußgeldern nicht zu erfassen sein. Indirekte Messverfahren nutzen Indikatoren, die auf das Ausmaß der Schattenwirtschaft hindeuten. So wird etwa angenommen, dass Transaktionen in der Schattenwirtschaft vorzugsweise in bar abgewickelt werden. Die Abwanderung in die Schattenwirtschaft durch eine Steuererhöhung wird mithilfe statistischer Regressionsanalysen ermittelt, indem die Bargeldnachfrage ohne Steuererhöhung geschätzt und mit der tatsächlichen Nachfrage verglichen wird. Durch Umrechnung lässt sich dann auf den Anteil der Schattenwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt (BIP) schließen. Nach diesem Verfahren untersuchte der österreichische Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Schneider den Umfang der Schattenwirtschaft für europäische Staaten und die USA; im internationalen Vergleich nimmt Deutschland dabei eine mittlere Position ein.Modelltheoretische Methoden schließlich versuchen, die Ursache-Wirkung-Beziehungen abzubilden. Sie betrachten dabei Einflussfaktoren wie Steuerbelastung, Wahrnehmung der Steuerbelastung und fehlende Steuermoral (durch Umfragen abschätzbar), Ausmaß staatlicher Reglementierung, Pro-Kopf-Einkommen und Arbeitslosenquote. Da das Ausmaß der Schattenwirtschaft selbst im Verborgenen bleibt, werden Indikatoren zur Umfangsabschätzung herangezogen: Variablen wie offizielle Erwerbsquoten, effektive Arbeitszeit in der offiziellen Wirtschaft oder das Wachstum des realen Sozialprodukts, die bei einer Zunahme der Schattenwirtschaft abnehmen dürften. Mithilfe statistischer Methoden wird ein Modell aufgestellt, das angibt, wie stark der Einfluss bestimmter Größen auf das Ausmaß der Schattenwirtschaft ist.
Universal-Lexikon. 2012.